Bergmannsverein General Blumenthal
Presse 2002
Ein Stück Stadt in der Grube
Die letzte Grubenfahrt: Eine Plakette wird in Flöz Karl deponiert. (WAZ v. 05.02.2002)
Der 26. Februar wird ein historischer Tag für Recklinghausen: Am Morgen dieses Dienstags
findet die letzte Grubenfahrt auf dem ehemaligen
Bergwerk General Blumenthal statt. Kurz danach
werden die letzten Schächte verfüllt.
Flöz Karl ist ein Name, der lange zur Bergbaustadt
Recklinghausen gehörte. Tonne um Tonne des
sprichwörtlichen Schwarzen Goldes kratzten die
Kumpel hier aus der Erde weit unter der
Tagesoberfläche. Und Flöz Karl, genauer gesagt: die 4.
Richtstrecke im Bereich von Flöz Karl, wird am 26.
Februar Schauplatz eines- Ereignisses für die Ewigkeit
sein. 766 Meter unter dem Rathaus wird eine Stadtplakette in der Grube deponiert. Für die
Ewigkeit?
Im Sommer vorigen Jahres, als die letzte Förderschicht auf Blumenthal gefahren wurde,
gaben zahlreiche Prominente den Bergleuten die Ehre. Bürgermeister Wolfgang Pantförder
brachte die Stadtplakette als Abschiedsgeschenk mit und äußerte die Bitte, sie an einem
Platz anzubringen, an dem sie der Nachwelt Zeugnis ablegt von der Verbundenheit zwischen
der Stadt und ihrem Pütt. Dieser Platz ist gefunden und Ende Februar ist es soweit. „Anfang
März beginnen wir mit der Verfüllung der Schächte 2 und 6 auf dem Blumenthal-Gelände an
der Herner Straße", sagte Michael Sontag, Mitglied im Rückzugsteam der Deutschen
Steinkohle AG auf der Recklinghäuser Zeche. „Die letzte Grubenfahrt, bevor die Klappe im
Schacht endgültig geschlossen wird, nutzen wir, um die Stadtplakette in der Grube
anzubringen." Kein günstigerer Ort wäre wohl dafür denkbar als die Tiefe direkt unter dem
Rathaus.
Für unrettbar verloren wird mancher die Plakette dort hatten. Nicht so Michael Sontag. Er ist
davon überzeugt, dass es gar nicht mehr so lange dauern wird, bis man in Deutschland den
Abschied vom einzigen heimischen Energieträger bedauert. „Eines nicht allzu fernen Tages
wird man die stillgelegten Bergwerke wieder öffnen, um wieder Kohle zu fördern. Mit anderen
technischen Möglichkeiten als wir sie hatten, vielleicht sogar ganz ohne Menschen unter
Tage. Aber dann wird vielleicht jemand auf die Stadtplakette stoßen und sich an uns
erinnern."
Vertreter des Bergbaus und der Stadt werden zum Finale unter Tage erwartet. Und wenn der
Förderkorb dann wieder ans Tageslicht gehoben wurde, schließt sich die Klappe im Schacht,
die derzeit von einer Schachtbaufirma eingebaut wird. Dann fließt Beton in die Röhre und
beendet die Bergbauzeit in Recklinghausen.
Stadtplakette findet vor Ort ihren Ehrenplatz Silberling hängt 702 m unter Rathaus
(WAZ v. 27.02.2002)
Einen passenderen Ort könnte man sich kaum denken: 702 Meter unter dem Rathaus
hängt in der Grube des stillgelegten Bergwerks General Blumenthal seit gestern eine
Silberplakette des Bürgermeisters.
Jetzt sind es nur noch ganz wenige Tage, dann kommt wirklich der Deckel auf den Pütt:
Am 7. März beginnen die Verfüllarbeiten in den Blumenthal-Schächten 2 und 6 an der
Herner Straße. Eine der letzten Grubenfahrten galt am Dienstag einem symbolischen Akt,
der die Verbundenheit zwischen der Stadt und ihrer Zeche ausdrücken soll.
Im Sommer letzten Jahres, zur letzten Förderschicht, hatte Bürgermeister Wolfgang
Pantförder Werkschef Horst Sablotny eine silberfarbene Münze überreicht. Diese
"Ehrengabe des Bürgermeisters" sollte einen geeigneten Platz in der Grube finden,
wünschte sich Pantförder damals. Gestern konnte Thomas Deimel, Leiter des
Rückzugsteams auf Blumenthal, Vollzug melden: Im 5. Querschlag auf der 7. Sohle, in 702
Metern Teufe, 45 Meter östlich des Rathauses schraubten die beiden Hauer Wolfgang
Wildemann und Andreas Sieper den hölzernen Kasten an die Wand, der die Stadtplakette
vor Ort für die Nachwelt erhalten soll.
Für die Nachwelt? Ja, nicht wenige Kumpel gehen ganz sicher davon aus, dass
nachfolgende Generationen eines Tages die Gruben wieder aufschließen werden, die die
Deutsche Steinkohle AG heute verlässt. "Unter Recklinghausen liegen noch mindestens
20 Millionen Tonnen abbauwürdiger Vorräte an Fettkohle. Das ist der einzige heimische
Energieträger. Nur ist unter den heute gegebenen finanziellen Bedingungen die
Gewinnung einfach zu teuer, aber das wird sich irgendwann ändern", glaubt Michael
Sontag vom letzten DSK-Team auf Blumenthal.
Von Ernst zur Nieden