Bergleute setzen ein Zeichen
RZ vom 14.08.2006
„Schmuck sehen sie aus”, kommentiert eine
Passantin die Parade von mehr als 300
Bergmännern, viele in kohl(raben)schwarzer
Bergamtstracht, die bei strahlendem
Sonnenschein durch Recklinghausen
marschieren. Die Arbeitsgemeinschaft der
Bergmannsvereine im Kreis Recklinghausen
hatte zum 3. Kreisbergmannstag geladen.
27 Gruppen, von der Grubenwehr
AV/Blumenthal bis zum Bergknappenverein
St. Barbara/Kevelaer, waren der Einladung
gefolgt. Auch Peter Schrimpf,
Vorstandsmitglied Belegschaft der Deutschen Steinkohle AG (DSK). Er hielt nach dem
Grußwort des Gastgebers, Recklinghausens Bürgermeister Wolfgang Pantförder, eine
flammende Rede für den Erhalt des Steinkohlebergbaus: „Die deutsche Steinkohle muss
weiterhin einen festen Platz im Energiemix einnehmen" forderte Schrimpf. Angesichts
heutiger Energiepreise sei der Beitrag zur nationalen Energieversorgung - zehn Prozent des
Stroms liefert die heimische Kohle- zudem unverzichtbar. Energie(preis)sicherheit auf der
einen Seite- Arbeitsplätze auf der anderen: „4.500 mittelständische Unternehmen in der
NRW-Zuliefererindustrie erhalten von uns Aufträge in einer Höhe von 2,1 Milliarden Euro.
Die Kohle sichert deren Existenz." Zudem verfügten die 33.000 DSK-Mitarbeiter über eine
Kaufkraft von 900 Mio. Euro. Insgesamt seien daher 100.000 Arbeitsplätze vorn Bergbau
abhängig. Ganz zu schweigen von der Zukunft von 3.000 Jugendlichen, die jedes Jahr eine
Berufsausbildung im Bergbau erhielten. Schrimpf appellierte daher an die Vernunft
politischer Entscheidungsträger: „Ohne den deutschen Steinkohlebergbau wären wir
deutlich ärmer in unserem Land."
Entscheidung am Ende des Jahres?
Wo die Reise für die Bergwerke in Emscher-Lippe -Auguste Victoria/Blumenthal in Marl
sowie Prosper-Haniel in Bottrop (für Lippe in Gelsenkirchen gilt bereits ein
Stilllegungsbeschluss) - und ihre rund 11.000 Mitarbeiter bis 2012 hingeht, konnte auch
AV-Bergwerksdirektor Horst Sablotny nicht beantworten: „Die großen Zeiten sind vorbei, das
muss man ganz illusionslos zugeben. Die Gespräche zwischen Gewerkschaft, Politik und
Bergwerken laufen. Ich rechne zum Jahresende mit einer Entscheidung." Welches der sechs
Ruhrgebiets-Bergwerke seine Förderung einstellt, ob es gar Marl oder Bottrop trifft, sei
derzeit Kaffeesatz-Leserei: „Wo auch immer – es wird eine bittere Entscheidung. Besonders
für die Mitarbeiter."
Trotz - oder gerade wegen -unsicherer Zukunftsaussichten setzten die Bergmänner auf ihrer
Parade mit hoch erhobenen Häuptern - und noch höher erhobenen Fahnen - ein Zeichen.
Schirmherr Jochen Welt: „Wir sind heute nicht mehr der Kreis des Bergbaus, sondern ein
Kreis mit Bergbau." Und der solle dem Kreis, gemeinsam mit allen anderen Energieformen
(Wasserstoff, Windkrafr, Solar etc.), auch erhalten bleiben.