Bergmannsverein General Blumenthal
Presse 2013
Alter Förderturm fällt brockenweise
Ein Spezialbagger reißt den 76 Meter hohen und 36 000 Tonnen schweren Koloss der
ehemaligen Schachtanlage General Blumenthal 11 in den kommenden Monaten ab
Von Tobias Bolsmann
Er ist ein Koloss aus Stahlbeton. 76 Meter ragt er in den Himmel, rund 36 000 Tonnen
schwer: der ehemalige Förderturm der Schachtanlage General Blumenthal 11 an der
Kastanienallee. In den kommenden vier Monaten wird sich der stumme Zeuge des Bergbaus
verabschieden. Nicht mit einem lauten Knall, wie die
Kohlenverladung im vergangenen August, sondern mit einem
stetigen und dumpfen Klopfen - dem Geräusch der Abrissbirne.
Nach den ursprünglichen Planungen sollte Dynamit den Turm
flachlegen. Die Verantwortlichen entschieden sich dagegen,
nachdem sie die Daten ausgewertet hatten, die Sensoren bei der
Sprengung der Kohleverladung gesammelt hatten. Die
sogenannte „Erschütterungsprognose" offenbarte, dass die
Anwohner in Sicherheit gebracht werden müssten. Und wer
weiß, wie die Teller in den Schränken gehüpft wären, wenn der
Turm aufgeschlagen wäre. „Das Risiko war uns zu hoch", sagt
Konstantin Montemor von RAG Montan Immobilien.
Die Alternative: konventioneller Abriss. Seit Anfang der Woche ist
er im Gange. Der Aufwand darf als „erheblich" beschrieben werden. Um dem Turm
beizukommen, braucht man Spezialgerät: einen Bagger, von dem nur zwei Exemplare in ganz
Europa existieren. Der hat selbst gigantische Ausmaße. 15 Tieflader brauchte es, um ihn,
zerlegt in Einzelteilen, von seinem letzten Einsatzort Basel nach Wanne-Süd zu
transportieren.
Schutt dient zur Schachtverfüllung
Inzwischen bearbeitet der Bagger den Förderturm. Immer wieder klopft die drei Tonnen
schwere Abrissbirne aus Stahl gegen den Beton, die ersten Löcher sind zu sehen.
Baggerführer Hans-Jürgen Feldmann ist sich nicht ganz sicher, was ihn in den kommenden
Wochen erwartet. Er werde versuchen, dem Koloss ein Stück von seiner Höhe zu nehmen.
Erst dann kann der Bagger seine ganze Kraft entfalten. „Dann arbeite ich mich Etage für
Etage nach unten", erläutert er, wobei ihm ein Mitarbeiter per Funk sagt, wie und wo er die
Abrissbirne am besten ansetzt.
In rund vier Monaten dürfte der Riese in Richtung Boden geschrumpft sein. Sein Schutt
verwandelt sich dann in einen Wertstoff: In einer Anlage wird er klein gebrochen und zur
Verfüllung von Schachtanlagen in Duisburg und für eine Baustraße in Gelsenkirchen
verwendet.
Auch wenn außerhalb des Geländes wenig zu sehen ist: Die Abräumarbeiten kommen schnell
voran, von der Kohlenverladung ist nichts mehr zu sehen. Die ersten Anwohner haben sich
darauf eingestellt. Ein Wanderfalkenpärchen ist zum Kraftwerkskühlturm umgezogen.
Bis Ende des Jahres könnte das Gelände „abgeräumt" sein. Die Arbeiten seien im Zeitplan,
so RAG Montan Immobilien.
Der nächste Schritt ist die Sanierung - auf dem Gelände stand unter anderem eine Kokerei.
RAG Montan Immobilien hat bereits analysiert, welche späteren Nutzungen auf dem rund 37
Hektar großen Areal möglich wären.
Ergebnis: keine Wohnbebauung, kein Park, stattdessen bietet sich laut RAG am ehesten
Gewerbe und Logistik an. Dazu fehlt aber eine Verkehrserschließung über die Dorstener
Straße.
Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft geht in ihren mittelfristigen Planungen davon aus, dass
„Blumenthal" ab 2020 vermarktet werden kann.
Stetes Klopfen fällt den Förderturm. FOTO: FRANZ LUTHE