Bergmannsverein General Blumenthal
Chronik 1985
Die weltwirtschaftliche Belebung hält an und bewirkt eine weitere Steigerung des Energieverbrauchs um gut
200 Mio t SKE. Hohe Überkapazitäten auf dem Ölmarkt bei der OPEC verschärfen die Lage.
Saudi-Arabien,das seit 1981 die Hauptlast der Förderanpassung zu tragen hat, verdoppelt Ende des Jahres
innerhalb seiner Quote das Angebot. Das führt zu einem jähen Sturz der Ölpreise.
Auch der Weltkohlenmarkt ist von Angebotsüberschüssen bestimmt. Die Nachfrage stellt sich aber günstiger
als beim Mineralöl.
In der Bundesrepublik nehmen Primärenergieverbrauch und Bruttosozialprodukt um 2,4% zu und erreichen 385
Mio t SKE, vor allem bedingt durch eine steigende Stahlerzeugung, die rd.1 Mio t Kohle mehr als im Vorjahr
einsetzt. Der Zuwachs bei der Stromerzeugung fällt geringer aus als 1984 und wird nahezu ausschließlich von
der Kernkraft abgedeckt. Der Einsatz von Steinkohle geht leicht zurück. Der Preisvorteil der Importkohle gegen
die heimische Kohle erreicht mit rd.110 DM/t SKE einen neuen Höchststand.
Die Bundesregierung hält es für nicht vertretbar, die langfristig angelegte Kohlepolitik wegen des Einbruchs der
Ölpreise zu ändern.
Ende 1985 wird der "Hüttenvertrag" zwischen der Ruhrkohle AG und der Stahlindustrie bis zum Jahr 2.000
verlängert. Bundes- und Landesregierung sagen zu, die flankierenden Kokskohlenbeihilfen bis zu diesem
Zeitpunkt beizubehalten. Das bedeutet an sich eine grundsätzliche Vollversorgung der Stahlindustrie mit
heimischer Kohle.
Durch die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kommt es aber zu einer Kürzung der Mittel um 400 Mio
DM. Davon sind vor allem die Kohlebeihilfen betroffen.
Der Bund sieht die Möglichkeiten zur Selbsthilfe des Bergbaus noch nicht ausgeschöpft. Die Ruhrkohle AG
setzt die Ende 1983 beschlossenen Maßnahmen zur Anpassung der Förderung fort. Es werden 6 förderfreie
Tage eingelegt. Am 01. August erfolgt die Stillegung der Schachtanlage Gneisenau in Dortmund. Den Abbau in
dem in Betrieb bleibenden Feldesteil Victoria 1/2 übernimmt das Bergwerk Haus Aden in Oberaden. Im
Rahmen des geplanten Förderverbundes der Bergwerke Nordstern und Consolidation verzeichnet man am 25.
November den Durchschlag der Verbindungsstrecke.
Der Absatz von 60,6 Miot Kohle und Koks übersteigt die Förderung von 58,7 Mio t und führt zu einem Abbau
der Bestände, die sich nun auf 6,9 Mio t (ohne die nationale Kohlereserve) reduzieren.
Die RAG bleibt ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Im Berichtsjahr fließen durch Einkaufsaktivitäten der
Gesellschaft rd. 7,8 Milliarden DM Industrie, Bergbauspezialfirmen, Handwerk und Handel zu. Mehr als zwei
Drittel davon verbleiben bei Firmen innerhalb des Ruhrgebiets. Zusammen mit den etwa 114.000 eigenen
Mitarbeitern hängen allein im Revier über 300.000 Arbeitsplätze von der Förderung und Weiterverarbeitung von
Kohle bei der RAG ab. Rechnet man die Familienangehörigen ein, so bedeutet dies die Existenzgrundlage für
rd.1 Million Menschen, einem Fünftel der Ruhrgebietsbevölkerung.
Im Rahmen der ständigen Bemühungen zur Rationalisierung des Unternehmens schlägt der beauftragte
Unternehmensberater Roland Berger vor, rd. 30% der Mitarbeiter in der Verwaltung einzusparen.
Nach fast zwölfjähriger Tätigkeit als Vorsitzender des Vorstandes der Ruhrkohle AG scheidet Dr.-Ing. Dr.rer.pol.
Karlheinz Bund am 31. März aus den Diensten der Gesellschaft aus.In einer besonderen Veranstaltung
erhalten sein Drang nach vorn und die Vermittlung von Selbstvertrauen und Hoffnung auf die Zukunft eine
gebührende Würdigung. Bundeswirtschaftsminister Dr. Bangemann sagt die Sicherheit der Kohlepolitik zu. Er
nennt Dr. Bund im Hinblick auf dessen Neigung zum Segelsport einen "Vasco da Gama des deutschen
Steinkohlenbergbaus", da er der Kohle neue Wege hat finden helfen.
Den Vorsitz im Vorstand der Gesellschaft übernimmt nun sein bisheriger Stellvertreter Dr.rer.pol. Heinz Horn.
In einer Regierungserklärung gibt Ministerpräsident Johannes Rau am 10. Juli mit der Schonung der Umwelt,
der Sicherung der Energieversorgung und der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit die wesentlichen Ziele der
Energiepolitik des Landes Nordrhein-Westfalen vor.
Am 5. September legt die Ruhrkohle beim nordrhein-westfälischen Minister für Umwelt, Raumordnung und
Landwirtschaft ihr Konzept zur Nordwanderung des Ruhrbergbaus vor. Dabei geht man vom Prinzip der
Anschlußbergwerke aus, bei denen künftige Lagerstätten von bestehenden Bergwerken aus unter Tage
aufgeschlossen werden. Die erforderlichen neuen Schächte dienen lediglich der Seilfahrt, der Wetterführung
und dem Materialtransport. Der Abbau von Kohle soll umweltschonend unter verstärkter Einbringung von
Vollversatz erfolgen.
Die Bergbau AG Lippe präsentiert bei der Anhörung die in der Planung befindlichen Vorhaben Haltern/Hohe
Mark und Haard/Olfen.
Ein bedeutendes Jahr für das Bergwerk General Blumenthal.
Am 14. März besucht Johannes Rau, Ministerpräsident unseres
Bundeslandes, das Anschlußbergwerk Haltern 1/2. Ihn begleiten
der Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt und der Vorsitzende der
IG Bergbau und Energie, Adolf Schmidt. Im Beisein des gesamten
Vorstandes der Ruhrkohle AG, des Vorstandssprechers der BAG
Lippe sowie des Bürgermeisters der Stadt Recklinghausen fährt
man unter Führung von Bergwerksdirektor Nehrdich und
Betriebsdirektor Gärtner an Schacht 8 an. Vor Ort erneuern
Altbundeskanzler Schmidt und Ministerpräsident Rau ihr
Bekenntnis zur Kohle, die sie als "unverzichtbare Säule unserer
Strom- und Wärmeversorgung" sehen. Nach der Ausfahrt an Schacht Haltern 2 besichtigt man kurz die
Tagesanlagen des Anschlußbergwerks. Abschließend findet in der Info-Halle ein Pressegespräch mit
erweitertem Teilnehmerkreis statt.
Am Rande: Altbundeskanzler Helmut Schmidt frönt dem Gebrauch von Schnupftabak. Er habe, so erzählt er
selbst, auf seiner ersten Grubenfahrt vor 18 Jahren auf General Blumenthal in Recklinghausen eine "Prise"
angeboten bekommen und sofort Gefallen daran gefunden. Seitdem sieht er diese Gewohnheit als ein
Vermächtnis seiner ersten Begegnung mit dem Bergbau hier in Recklinghausen.
Die offizielle Inbetriebnahme des
Anschlußbergwerks Haltern 1/2
steht bevor. Bis dahin aber ist noch
einiges zu tun. Am 30. April erfolgt
auf der 1. Sohle der Durchschlag
der östlichen Hauptrichtstrecke mit
dem Schacht Haltern 2.
Auf der 3. Sohle wird die westliche
Füllortstrecke zum Schacht Haltern
1 bis zur Hauptrichtstr ecke
fertiggestellt. Nur wenige Meter
nach Süden abgesetzt verläuft parallel dazu eine weitere, mit großem Querschnitt aufgefahrene Strecke - wie
alle schachtnahen Räume in Anker-Spritzbeton-Bauweise ausgebaut. Sie soll die Lokwerkstatt, den
Akkuladeraum und eine Reparaturwerkstatt für Förderwagen aufnehmen.
Ebenfalls auf der 3. Sohle wird eine speicherprogrammierbare Gleissignalanlage installiert. Diese ermöglicht
einen automatisch gesteuerten Förderablauf im Diagonalquerschlag und im 1. Querschlag bis zur
Hauptrichtstrecke. Von der zentralen Zugleitstelle an Station 1.000 m aus werden 19 Signale und 15 Weichen
von einem zentralen Rechner überwacht und gesteuert. Für den künftigen Personentransport auf der 3. Sohle,
der mit einem Wendezug erfolgen soll, wird der erste Personenwagen in Ganzbondalausführung angeliefert.
Er ist zunächst nur mit einer Schieflaufüberwachung und mit Notsignal ausgerüstet und sollweitere
sicherheitliche und ergonomische Installationen erhalten.
An Schacht 8 sind zwischenzeitlich auf der 3. Sohle im nördlichen Füllort Lokwerkstatt, Akkuladeraum und
Materialbahnhof fertig.
Infolge von Abbaueinwirkungen steht der Schachtes nicht mehr im Lot. In den Weihnachtstagen verschiebt man
deshalb das gesamte Schachtgerüst um 780 mm zur Fördermaschine hin.
Die Robbins-Vollschnittmaschine fährt im Berichtsjahr auf der 3. Sohle noch 707 m im 2. Querschlag nach
Norden auf und wird dann nach insgesamt 12.925,7 m Auffahrung demontiert und zu Tage gebracht.
Über Tage steht nun für die Druckluftversorgung unter Tage ein dritter Schraubenkompressor mit einer Leistung
von 5.000 m3 je Stunde zur Verfügung. Es ist vorgesehen, die Schraubenkomressoren mit zunehmendem
Bedarf gegen Turboverdichter mit einer Stundenleistung von 20.000 m3 auszutauschen. Diese sind für die
Wärmerückgewinnung aus dem Kühlkreislauf ausgelegt. In Verbindung mit der Abluftwärmenutzung für die
Kauen wird so im Kauenbereich nur in der kalten Jahreszeit Zusatzwärme benötigt.
Das Kauengebäude ist fertig. Ein Teil der Kauen ist belegt.
Auch das Zentralgebäude ist bereit für den großen Tag. Die
Eingangshalle beherrscht ein großflächiges Holzrelief des
Halterner Künstlers Helmut Schlüter, das einen "Steinkohlenwald"
darstellt. Es vermittelt einen Eindruck von der Urgewalt der Natur
und die Verbindung zum Bergbau. Nach Vollendung des Entwurfs
stirbt der Künstler im Januar 1985. Der Holzbildhauer Josef
Grasedieck aus Kirchhellen-Feldhausen setzt das Werk fort und
gestaltet es nach den Ideen des Verstorbenen.
Die Außenwand des Verwaltungstraktes zeigt "Kunst am Bau".
Eine Reihe von Plastiken gibt Einblick in das Leben des
Bergmanns. Seit Jahrzehnten fühlt sich die Künstlerin Schwester
Paula (Tisa von der Schulenburg) aus dem Orden der Ursulinerinnen
in Dorsten dem Bergbau verbunden. Bereits vor dem 2. Weltkrieg
hat sie Motive aus dem britischen Bergbau in Zeichnungen und
Bronze-Plastiken gestaltet.
Die Vorbereitungen finden ihren Abschluß. In einer ausgezeichneten
Teamarbeit sind Organisations- und Sicherheitsfragen geklärt. Eine
Vielzahl von Fahnen und Blumenarrangements schmücken den
Schachtplatz. Dann ist es soweit. Am 20.September wird das
Anschlußbergwerk Haltern im Beisein des Bundespräsidenten Dr.
Richard von Weizsäcker in Betrieb genommen. Auch Petrus hat ein
Einsehen und schickt strahlenden Sonnenschein.
Gegen 9.00 Uhr landet der Bundespräsident mit dem Hubschrauber
auf dem Schachtplatz.
Die Begrüßungsansprachen im Sitzungszimmer eröffnet der
Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Johannes Rau.
Er stellt die hier verwirklichte Hochtechnologie heraus und weist
darauf hin, daß kein Bergbau, der unter Tage Steinkohle abbaut, mit
einer höheren Schichtleistung aufwarten kann als der deutsche. Die
Ruhrkohle AG sieht er als den größten Ausbilder in
Nordrhein-Westfalen mit einem breiten Ausbildungsspektrum. Mit
dem Willkommen an den Bundespräsidenten sagt er: "Sie kommen
aus der Luft und gehen gleich in die Tiefe. Wir sorgen dafür, daß
die Basis solide bleibt".
Der Vorstandsvorsitzende der Ruhrkohle AG, Dr. Heinz Horn,
skizziert die Nordwanderung des Bergbaus und gibt der Hoffnung
Ausdruck, daß das Anschlußbergwerk Haltern über ein halbes
Jahrhundert zur Energieversorgung beitragen und zur Sicherung
von Arbeitsplätzen dienen werde. Dabei müsse die Kohle
umweltfreundlich und umweltschonend gewonnen und eingesetzt
werden. Er bekennt sich zum Vorsorgeprinzip. Schutzvorkehrungen
seien immer rechtzeitig zu treffen, auch wenn Auswirkungen nur
vermutet werden. Herauszuheben sei eine sichere
Energieversorgung. Die modernsten und sichersten Betriebe der
Welt, die der deutsche Steinkohlenbergbau nun einmal habe, hätten
auch die beste Produktivität und diese sei in den letzten Jahren
trotz der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen noch deutlich
gestiegen. Er warnt davor, Bergwerke stillzulegen, nur um im
Augenblick billigere Importkohle zu verwenden. Der vorhandene
Sicherheitssockel, den unsere Kohle darstellt, müsse erhalten
bleiben. Sein "Glückauf" gilt dem hohen Gast und den übrigen
Anwesenden, nicht zuletzt aber dem neuen Bergwerk.
Anschließend ergreift Adolf Schmidt, Vorsitzender der
Industriegewerkschaft Bergbau und Energie, das Wort. Auch er
bekräftigt, daß man auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen im
eigenen Land nicht verzichten sollte. Die Leistungsfähigkeit des
deutschen Bergbaus suche ihresgleichen.
Udo Klingenburg, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der BAG
Lippe, sieht in der Nordwanderung des Bergbaus die Sicherung der Arbeitsplätze auch für unsere Kinder. Fast
jedes zehnte Belegschaftsmitglied stehe in der Ausbildung - eine Investition für die Zukunft. Er weist auf den
anfänglichen Widerstand der Umweltschützer gegen die Erstellung des Anschlußbergwerks hin. Es habe vieler
Mühe und Durchsetzungsvermögens bedurft, um klarzumachen, daß Gemeininteressen und Arbeitsplätze
wichtiger sind, als die Meinung einiger weniger. Im Hinblick auf die Subventionen bittet er darum, den Bergbau
an seiner Arbeit und seiner Leistung zu messen. Die Reihe der Begrüßungsansprachen beschließt der
Bürgermeister der Stadt Haltern, Hermann Wessel. Er bekräftigt nochmals die Zustimmung der Stadt, den
Bergbau in ihr Gebiet aufzunehmen. Dabei sei die Entscheidungslage wegen der vielfältigen Ansprüche an den
Raum Haltern nicht einfach gewesen - allein schon im Hinblick auf die bedeutenden Aufgaben in der
Wasserversorgung.
Der Vorstandssprecher der BAG Lippe, Herbert Kleinherne, führt
nun die Anwesenden in die Grubenfahrt ein und schließt mit den
Worten: "Herr Bundespräsident, ich möchte zum Ausdruck bringen,
was uns Bergleute an dem heutigen Tage bewegt. Ich fand diesen
Spruch aus dem "Schwazer Bergbuch 1556" in einer Werkszeitung,
die zum heutigen Tage erscheint. Da steht: 'Freuet euch, es ist ein
Bergwerk entstanden'. Das bewegt uns und wir haben die
Ehre, Ihnen das jetzt zu zeigen".
Der Bundespräsident trägt sich in das Goldene Buch der Stadt
Haltern und in das Gästebuch des Anschlußbergwerks Haltern ein.
Auf der nun anschließenden Grubenfahrt begleiten ihn
–Ministerpräsident Johannes Rau,
– der Vorsitzende der IGBE, Adolf Schmidt,
– das Vorstandsmitglied der IGBE, Heinz-Werner Meyer,
– der Präsident des Landesoberbergamtes NRW, Helmut
Schelter
die Mitglieder des Vorstandes der Ruhrkohle AG:
–Dr.Horn
– Dr.-Ing.e.h.Erasmus
– Dr.Rohde
– F.Ziegler,
die Mitglieder des Vorstandes der BAG Lippe:
– Kleinherne
– Bergmann
–Wieder,
– Landrat Helmut Marmulla
– Bürgermeister Hermann Wessel,Haltern
– Bürgermeister Erich Wolfram(MdB), Recklinghausen
– Gesamtbetriebsratsvorsitzender Udo Klingenburg,
– Betriebsdirektor Karl Hans Gärtner und
– Betriebsratsmitglied Glatter.
Wieder am Tage - in der Kaue
Die Grubenfahrt führt über die 3. Sohle in den 1. Querschlag und von da in den ersten im Feld Haltern laufenden
Abbaubetrieb in Flöz Zollverein 6. Das Interesse des Bundespräsidenten gilt hier besonders der
bergmännischen Arbeit und der technischen Ausrüstung.
Wieder am Tage, überreichen die Auszubildenden Andreas Kaesbach und Mario Köhler in der Kaue dem
hohen Gast einen in der Ausbildungswerkstatt gefertigten Schwibbogen mit dem klassischen Schneeberger
Motiv.
Aus den Händen von Bergwerksdirektor Nehrdich erhält der
Vorsitzende der IGBE und stellvertretende Vorsitzende des
Aufsichtsrats der Ruhrkohle AG, Adolf Schmidt, eine
Bergmannsbarte.
Gegen 13.00 Uhr trifft man sich dann in dem etwa 1.200 Personen
fassenden Festzelt. Hier begrüßt Bergwerksdirektor Jürgen
Nehrdich in dem erweiterten Kreis nochmals den
Bundespräsidenten Dr. Richard von Weizsäcker. Er dankt für
dessen Kommen und führt wörtlich aus: "Es ehrt uns ganz
besonders, daß Sie, Herr Bundespräsident, mit uns zusammen
diesen Tag erleben wollen. Wir empfinden es als Auszeichnung
und Anerkennung unseres Berufsstandes, auch als Würdigung
unsererArbeit, daß Sie heute vor Ort gewesen sind und nun zu uns
sprechen wollen".
Sein Willkommen gilt auch den zwischenzeitlich noch
eingetroffenen Gästen, den Herren
– Minister Posser,
– Weihbischof Wöste,
– Landeskirchenrat Markert,
– Staatsminister Vogel aus dem Bundeskanzleramt sowie
– Dr.von Würzen aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
Den Mitgliedern des Aufsichtsrates der Ruhrkohle AG gilt sein
Dank für ihre Unterstützung und die Freigabe der für das Vorhaben erforderlichen Mittel.
Die Repräsentanten der Stadt Haltern würdigt er als vertrauensvolle Partner auf dem Weg des Bergbaus nach
Norden.
Mit Freude und Dankbarkeit begrüßt Bergwerksdirektor Nehrdich auch die Präsidenten des
Landesoberbergamtes Nordrhein-Westfalen, des Regierungsbezirks Münster, der IHK Münster und Bochum
sowie die Herren Vorstände der RAG und des Kommunalverbandes Ruhrgebiet, die Herren Abgeordneten des
Deutschen Bundestages, des Landtages und des Kreises, besonders auch Landrat Marmulla.
In seinen Gruß schließt er auch die Vertreter von Organisationen des Bergbaus, die Lehrer an den
Hochschulen, die Abgesandten von Verbänden und Behörden ein, die das Anliegen in den letzten Jahren
unterstützt haben. Besonderer Dank gebühre dem Vorsitzenden der IGBE, Adolf Schmidt, der dieser
Feierstunde zu einem würdigen Rahmen verholfen habe.
Ein herzliches Glückauf ruft er den "Blumenthalern" zu, dem Betriebsrat, den Pensionären, den aktiven
Belegschaftsmitgliedern und den jungen Nachwuchskräften.
Er würdigt die Arbeit der zahlreichen Firmen und der Mitarbeiter im eigenen Hause, die seit 1979 die
Mosaiksteine zusammengefügt haben, um das Werk, wie es sich heute darbietet, fertigzustellen.
Der Presse aber dankt er für ihr Bemühen, das Anliegen des Steinkohlenbergbaus im rechten Licht der
Öffentlichkeit erscheinen zu lassen.
Man habe diesen Tag mit Zuversicht und Glauben an eine gesicherte Zukunft des noch bestehenden
Steinkohlenbergbaus in der Bundesrepublik erwartet. Das Vordringen des Bergbaus in das bisher von der
industriellen Ballung an Ruhr und Emscher unberührte südliche Münsterland heiße nicht, daß der landschaftliche
Reiz dieser Gegend und sein Erholungswert dadurch geschmälert würden. Bauausführung und langfristig
angelegte Abbauplanung habe sich an den Bedürfnissen der Allgemeinheit orientiert - hier insbesondere auch
an der Trinkwassergewinnung im Halterner Raum.
Das Anschlußbergwerk - so Bergwerksdirektor Nehrdich - solle ein Zeichen setzen, daß moderne Technik im
Steinkohlenbergbau auch in Erholungsgebieten nicht als Störfaktor empfunden werde. Als Stichworte seien hier
zu nennen: Die unter Flur angeordnete Lüfteranlage, die Wärmerückgewinnung bei der Drucklufterzeugung, die
schadstoffarme Heizungsanlage und eine geräuschdämmende Bauausführung.
Für rund 1.000 Mann sei die erste Baustufe ausgelegt. In etwa 15 Jahren würden hier 3.000 Bergleute anfahren
- sichere Arbeitsplätze für die Zukunft. An die Kohlepolitik gerichtet betont er, noch immer gelte der Satz, die
teuerste Energie sei die, die man nicht habe. Es seien langfristige Entscheidungen gefordert.
Er schließt mit den Worten von Georg Agricola aus dessen erstem Buch über das Berg- und Hüttenwesen, das
er vor 430 Jahren schrieb und das die Bergleute charakterisiert:
"Das Volk der Bergleute ist nicht zu verachten. Denn in Tages- und Nachtschichten an Arbeit gewöhnt, besitzt
es eine ungemein körperliche Abhärtung und Ausdauer. Es ist daran gewöhnt, bis tief in die Nacht wach zu
sein, Gräben zu ziehen, Stollen zu treiben, Kunstgewerke zu fertigen und Lasten zu tragen.
Bergbau ist ein durchaus ehrliches Gewerbe".
Das träfe auch heute noch zu.
Sein Glückauf gilt dem neuen Betrieb und allen Bergleuten, die darin tätig sind und es künftig sein werden.
Zuversicht prägt auch die folgende Ansprache des Vorsitzenden des Betriebsrates des Bergwerks General
Blumenthal, Günter Bartz. Er sieht mit dem Anschlußbergwerk Haltern die Zukunft von mehr als 4.000
Bergleuten dieser Region bis weit in das nächste Jahrhundert hinein gesichert. Lobend hebt er die weitsichtige
Politik in der Ausbildung junger Menschen auf dem Bergwerk hervor und räumt diesen gute Chancen für ihre
Zukunft ein. Er warnt vor denen, die dem freien Spiel der Kräfte auf dem Energiemarkt das Wort reden und
erinnert daran, daß an einem Bergmann mehr als 1,3 weitere Arbeitsplätze hängen.
Die Nordwanderung habe man hier gemeinsam gegen massiven Widerstand durchgesetzt. Es sei klargestellt
worden, daß der in 1.000 m Teufe arbeitende Kumpel Luft brauche und die könne er nur haben, wenn
Wetterschächte vorhanden seien.
Die Nordwanderung des Bergbaus aber bringe nur dann eine dauerhafte Zukunft für die Bergleute, wenn in der
Politik mit verläßlichen Partnern gerechnet werden könne.
Dann ergreift der Bundespräsident selbst das Wort.
Er würdigt den für die Region bedeutungvollen Tag und den
gewaltigen Fortschritt der Technik, der ihm hier vor Augen
geführt worden sei. In den 50er Jahren habe die Kohle eine
entscheidende Rolle gespielt. Heute bereite der Absatz ernste
Sorgen. Der Ruhrbergbau habe sich recht eindrucksvoll diesen
Schwierigkeiten gestellt. Wenn auch noch Anpassungen an den
Energiemarkt notwendig seien, so müsse man auch sehen, daß
die Kohle der einzige Rohstoff ist, über den wir Deutsche
verfügen. Wir sollten uns bei dem Gedanken an die Sicherung
des Arbeitsplatzes für einen Ausgleich auf Umwelt und
Beschäftigung in erster Linie auf die Menschen stützen, die hier
heute leben und in Zukunft leben werden. Es gäbe keinen zweiten Wirtschaftszweig, in dem solche
Anpassungsprobleme mit soviel Verständnis, auch von den Sozialpartnern, aufgenommen und gelöst worden
seien. Dank und Respekt zollt er dabei besonders dem Vorsitzenden der IGBE, Adolf Schmidt.
Der Bundespräsident bringt seine Überzeugung zum Ausdruck, daß die Kohle auf dem Wärmemarkt, in der
Industrie und in der Veredelung ihre kräftige Zukunftschance behalten werde und sieht die Möglichkeiten der
Kohle noch nicht ausgeschöpft. Ein Niedergang der Kohle bedeute auch negative Auswirkungen auf die
anderen Gegenden Deutschlands. Er sei sich aber sicher, daß es auch außerhalb des Ruhrgebiets eine
Solidarität mit dem Revier gibt. Um dies zu bezeugen und um den bedeutungsvollen Tag hier mit zu begehen,
sei er gekommen. Aber auch, um ein Wiedersehen mit denen zu erleben, die ihm am Anfang der
Nachkriegszeit auf seinem eigenen beruflichen Weg soviel bedeutet hätten, die ihm eine Hilfe gewesen seien
und deren Herz er kennen und schätzen gelernt habe und zu deren Ehre er gekommen sei, um ihnen eine
glückliche und friedliche Zukunft zu wünschen. Den Dank an den Bundespräsidenten formuliert der
Auszubildende Hans-Joachim Henze.
Mit der Nationalhymne und dem Bergmannslied, zu dem auch ein zünftiger Bergmannsschnaps gereicht wird,
klingt die Feierstunde aus.
Ein kräftiger Eintopf mit Einlage leitet zum gemütlichen Teil über. Gegen 14.30 Uhr hebt dann der Hubschrauber
mit dem Bundespräsidenten vom Schachtplatz ab und nimmt Kurs auf Bonn.
Ein großer und glücklicher Tag für das Bergwerk General Blumenthal findet seinen Abschluß. An ihn soll eine zu
diesem Anlaß herausgegebene Festschrift erinnern sowie eine Medaille, geprägt von der BAG Lippe, die die
Gestaltung der Tagesanlagen des Anschlußbergwerks Haltern 1/2 darstellt.
Die Ausbildungsabteilung und die Jugendvertreter im Betriebsrat
überreichen an das Landeskrankenhaus Haard einen Betrag von
11.000,- DM. Das Geld stammt aus dem Verkauf von praktischen
und künstlerischen Gegenständen, hergestellt in den Blumenthaler
Ausbildungswerkstätten.
Der offiziellen Inbetriebnahme des Anschlußbergwerks Haltern 1/2
folgt einen Tag später ein "Tag der offenen Tür". Dabei finden sich
weit mehr als 1.000 Interessierte ein, die die Übertageanlagen und
die zu diesem Zweck aufgebauten technischen Einrichtungen
einmal aus der Nähe in Augenschein nehmen wollen. Viele wagen
auch eine Grubenfahrt zur 3. Sohle. Gedacht war ursprünglich nur
an die Werksangehörigen und ihre Familien. Aber der Kreis zieht sich wesentlich weiter. Selbst eine Gruppe
von Nonnen bekundet ihr Interesse am Bergbau und fährt an. Die Organisation läßt keine Wünsche offen. Auch
für das leibliche Wohl ist gesorgt und für die Kinder, die von Fachkräften betreut und mit Spielen beschäftigt
werden , während sich ihre Eltern der Technik des Bergbaus widmen. Nicht alle, die gekommen sind können
Einlaß finden. Es sind zu viele. So entschließt man sich, am 20. November einen zweiten "Tag der offenen Tür"
anzusetzen. Das wird sehr früh bekannt. Presse und - was gar nicht beabsichtigt ist - Fernsehen tun ein übriges.
So ist das Echo gewaltig. Mit rund 800 Besuchern hat man gerechnet.Aber sie kommen aus der näheren und
weiteren Umgebung. Selbst aus dem süddeutschen Raum rollen Busse an. Der Parkplatz kann die Fahrzeuge
nicht fassen.
Auf der Bundesstraße 51 parken beiderseits der
Straße die Fahrzeuge bis zur Halter Pforte (das sind
runde 3 km) und zur anderen Seite hin bis zum
Waldrand nach Haltern zu. Mehr als 6.000 sind es, die
hier den "Bergbau zum Anfassen" kennenlernen wollen.
Davon fahren 3.289 Besucher in Gruppen zur 3. Sohle.
Dort sehen sie die schachtnahen Räume, die
großräumigen Füllörter sowie die Lokwerkstatt und den
Akkuladeraum. Im Füllortbereich stehen im östlichen
Teil ein Zug der neuen Förderwagen mit je 25 m3 Inhalt
und ein Bergewagenzug auf den Gleisen mit 1.000 mm
Spurweite. Im westlichen Füllort präsentiert man eine
alte Akkulokomotive und eine neue DIEMA-Lok, einen
Zug mit den neuen Materialwagen und einen Zug mit alten und neuen Personenwagen. Die Besucher erhalten
einen nachhaltigen Eindruck von der Großraum-Fördertechnik. So haben sich die meisten den Bergbau unter
Tage nicht vorgestellt. Um 9.00 Uhr morgens erfolgt die erste Seilfahrt. Gegen 17.30 Uhr kündigt schließlich
Bergwerksdirektor Nehrdich die letzte Gruppe an. Die Betreuer der Gruppen unter Tage haben bis dahin kaum
für einen Imbiß Zeit gehabt.
Ebenso die Fördermaschinisten, die pausenlos beschäftigt waren ("Nicht sowas nochmal!"). Die Schlange vor
dem Schacht 1 über Tage wurde und wurde nicht kürzer. Wieder muß eine größere Zahl derer, die anfahren
wollen leider auf eine spätere Gelegenheit vertröstet werden.
Über Tage läuft die Organisation perfekt - man hat ja Übung.
Die Betreuung der mit angereisten Kinder hat man voll im
Griff, wie auch die Versorgung der Hungrigen mit Eßbarem.
Mit diesen beiden Veranstaltungen hat das Bergwerk
General Blumenthal wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit
geleistet und zur Meinungsbildung darüber beigetragen, wie
moderner Bergbau heute aussieht. All diese Feierlichkeiten
mit dem nun einmal notwendigen Aufwand aber leiten nicht
davon ab, daß auch noch Kohle gefördert werden muß. Es ist
schon als Erfolg zu werten, wenn die betrieblichen
Kennzahlen des Bergwerks General Blumenthal auch im
Berichtsjahr auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden
können. Auch das Betriebsergebnis stellt sich freundlicher
dar als im Vorjahr.
Vier Streben laufen aus, dabei auch der Betrieb 407 in Flöz Dickebank (Feld BI), der über die gesamte
streichende Baulänge von rd.1.600 m wegen der nahen Umbiegungszone zur steilen Lagerung ständig
gebirgsschlaggefährdet war und erhebliche Aufwendungen an Test- und Entspannungsmaßnahmen
erforderte.
Der Bergeanteil in der Rohförderung steigt auf 38,9%.
Vier der laufenden Schreitausbaustreben sind mit einer neuartigen Nachsetzsteuerung ausgerüstet. Diese
garantiert, daß der eingestellte Setzdruck in den Stempeln durch eine abschaltbare Automatik gehalten wird.
Die Ausrüstung für die Herstellung von Vorrichtungs- und Abbaustrecken mit hoher Auffahrleistung ist nun
komplett.
Sie besteht aus
– einem elektrohydraulischen Bohrwagen der Salzgitter Maschinen AG,Typ BW 32 C1N
– einer GTA- oder KBI-Arbeitsbühne mit hydraulischer Ausbausetzvorrichtung für ein
komplettes Kappendach bei aktiver Vorpfändung und
– einem Teleskoplader TL 1.000 der Firma Salzgitter.
Mit dieser Bestückung fährt man in Flöz Wasserfall bei der Herstellung der vorab aufgefahrenen Abbaustrecke
5180 in der Zeit von März bis September im Monat zwischen 174 m und 220 m auf.
Neue Wege geht man bei der Herstellung von Streckenbegleitdämmen mit Dammbaustoffen. Durch
Vorbefeuchtung der pulverförmigen Baustoffe soll ein kontrollierbarer Austrag ohne erhöhtem Staubanfall bei
besserer Dammqualität möglich werden. Die bisher verwendeten Filtersäcke sind nicht mehr erforderlich. Das
neu konzipierte Gerät steht am Jahresende bereit.
In der Hauptwasserhaltung an Schacht 2 auf der 7. Sohle beginnt man, die Pumpen auf automatischen Betrieb
umzustellen. Sie werden künftig von der Betriebswarte über Tage überwacht und gesteuert.
Der Ausbau der Grubenwarte an Schacht 6 über Tage ist nun in den wesentlichen Teilen fast abgeschlossen.
Weitere Installationen und Modernisierungen stehen aber noch an.
In der Aufbereitungsanlage an Schacht 11 nimmt man im Juni eine neue Ballastkohlenverladung in Betrieb.
Diese verfügt über einen Bunker mit mehr als 1.000 t Fassungsvermögen für die Beladung größerer
Zugeinheiten.
Die Weihnachtsfeiertage werden für umfangreiche Umbauarbeiten in der Wäsche genutzt.
Am 31. März geht Markscheider Prof.Dr. Hermann Lautsch in den Ruhestand. Seit dem 01. Oktober 1967 lag
die Leitung der Abteilung Markscheidewesen in sein