Bergmannsverein General Blumenthal
Chronik 1991
Eine international abgeschwächte Konjunktur sowie wirtschaftliche Umbrüche in Mittel- und Osteuropa lassen
den Weltenergieverbrauch stagnieren.
Am 17. Dezember wird in Den Haag die "Europäische Energiecharta" verabschiedet. Darin bekennen sich 51
Staaten und Organisationen (auch außereuropäische) zu einer gesamteuropäischen Energiegemeinschaft.
Die gemeinsamen Interessen in Ost und West führen insbesondere zu folgenden Beschlüssen:
– Beseitigung von Gefährdungspotentialen der Kernenergie in Osteuropa,
– Beseitigung ökologischer Schäden in Osteuropa,
– Nutzung der großen Energiequellen in den osteuropäischen Ländern,
– Verbesserung der Versorgungssicherheit im europäischen Raum,
– Verbesserung der Effizienz bei Gewinnung, Umwandlung, Nutzung und
Transport von Energie der Länder Osteuropas.
Dies alles bleibt jedoch vorläufig eine Absichtserklärung. Ende des Jahres lehnen die Mitgliedstaaten beim
EG-Gipfel in Maastricht die Aufnahme eines Energiekapitels in die Europäischen Verträge ab. Energiepolitik
bleibt so Sache der einzelnen Mitgliedstaaten.
Die Primärenergieversorgung der EG wird derzeit zur Hälfte von Importenergien getragen. Diesen Anteil sieht
man in den kommenden Jahren noch steigen. Das gilt auch für die Bundesrepublik Deutschland.
Der deutsche Energiemarkt hat mit 492,5 Mio t SKE den höchsten Verbrauch in der Europäischen
Gemeinschaft. Während der Verbrauch an Primärenergie in den alten Bundesländern steigt, verzeichnet man in
den neuen Bundesländern weiter eine fallende Tendenz. Vor allem der Einsatz von Braunkohle geht hier
deutlich zurück.
Am 12. März präsentiert nun auch die Kohle-Kommission ihren Schlußbericht, der letztlich eine Bestätigung des
Zwischenberichtes ist. Das Papier betont die energiepolitische Bedeutung des Bergbaus und beinhaltet
Vorschläge für dessen Umstrukturierung. Ein Konzept für die Optimierung soll die künftig vertretbare
Fördermenge und die Höhe der noch tragbaren Subventionen festlegen.
Der Steinkohlenbergbau unterbreitet der Bundesregierung und den Landesregierungen NRW und Saarland am
28. März ein detailliertes Optimierungsmodell bis 2005, in dem die voraussichtliche Entwicklung dargestellt
wird. Man geht davon aus, daß bis zum Jahr 2005 sechs Förderstandorte auslaufen werden. Die Förderung
wird dann von 71 Mio tvF auf 58,7 Mio tvF sinken, die Arbeitsplätze sieht man um 30.000 auf 100.000
zurückgehen.
Zur Gewährleistung der Sicherheit der Stromversorgung in der Bundesrepublik hält man in der Kohlerunde vom
11. November bei der Präsentation des "Kohlekonzepts 2005" eine Einsatzmenge von zumindest 35 Mio tvF
deutscher Steinkohle für erforderlich.
Das aber bedeutet bei Beibehaltung der Verstromungsmanteile von Braunkohle und Kernkraft einen Anstieg
der Importenergien bis zum Jahr 2005 auf 60 Mio t SKE und so eine Verdreifachung der gegenwärtig aus dem
Ausland bezogenen Menge.
Um der steigenden Importabhängigkeit und den Risiken bei der Versorgung aus politisch und wirtschaftlich
instabilen Ländern entgegenzuwirken, verabschiedet die Bundesregierung am 11. Dezember ein
Gesamtkonzept "Energiepolitik für das vereinte Deutschland", in dem die Ergebnisse der Kohlerunde 1991 -
das Kohlekonzept 2005 - Bestandteil sind.
Im August bringen EG-Pläne zur weiteren Kürzung der Kohlebeihilfen Unruhe. Nach dem Entwurf soll die EG für
Bergwerke, deren Förderkosten über den Durchschnittskosten des EGBergbaus liegen, nur noch
Stillegungsprämien zahlen. Es bleibt derzeit ein Entwurf - vorläufig.
Obwohl nach einer Umfrage mehr als die Hälfte der Bundesbürger eine Energiesicherungspolitik und eine
finanzielle Unterstützung des Kohlebergbaus für erforderlich hält, stellt der amtierende
Bundeswirtschaftsminister Möllemann (FDP) die erarbeiteten Grundlagen der Kohlepolitik durch die Forderung
nach Reduzierung der Verstromungsmenge auf 30 Mio t SKE bereits bis 1995 zur Diskussion.
Das führt in den Bergbaurevieren zu Demonstrationen und Streiks.
Die Ruhrkohle AG erwirbt zu Jahresanfang 99% der Anteile der Gewerkschaft Auguste Victoria in Marl. Zum
gleichen Zeitpunkt erfolgt die Gründung der Deutschen Kohle Marketing.
Auf der Basis der Kohlerunde 1991 erarbeitet die Gesellschaft ein eigenes langfristiges Konzept bis zum Jahr
2000. Dieses sieht bis 1997 die Stillegung eines Bergwerks sowie den Zusammenschluß von 8 Bergwerken zu
4 Verbundanlagen vor. In den kommenden 5 Jahren soll die Förderkapazität um rd. 9 Mio tvF verringert
werden.
Dabei sind im einzelnen folgende Maßnahmen vorgesehen:
– Stillegung des Bergwerks Minister Achenbach in Lünen zur Jahresmitte 1992.
– Zusammenlegung der Bergwerke General Blumenthal in Recklinghausen und Haard in
Oer-Erkenschwick zu einer Bergwerksdirektion im Jahr 1992.
– Zusammenlegung der Gelsenkirchener Bergwerke Hugo und Consolidation/Nordstern
zu einem Verbundbergwerk in der zweiten Hälfte des Jahres 1993.
– Zusammenlegung der Bergkamener Bergwerke Haus Aden und Monopol zu einem
Verbundbergwerk Mitte 1994.
– Zusammenlegung der Bergwerke Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort und Rheinland in
Moers zu einem Verbundbergwerk zur Jahresmitte 1997.
Zusammen mit der Stillegung des Bergwerks Sophia Jacoba in Hückelhoven im Jahr 1997 und des
EBV-Bergwerks Westfalen in Ahlen um die Jahrtausendwende wird dann die Förderung der Gesellschaft um
insgesamt 12 Mio t zurückgehen.
Der daraus resultierende Arbeitsplatzabbau soll sozialverträglich erfolgen. Die Kohlerunde hat deshalb einer
Verlängerung der Regelung beim Anpassungsgeld bis 1999 zugestimmt.
Die 17 Bergwerke der Ruhrkohle AG fördern 46,3 Mio tvF Steinkohle. Die Zahl der Abbaubetriebe sinkt auf 93.
Seit 1982 verzeichnen die Ruhrkohle-Bergwerke eine Steigerung der Produktivität um 26% - ein beachtliches
Ergebnis.
Am 31. Dezember stellt die Kokerei Kaiserstuhl II in Dortmund die Produktion ein.
In der Bilanzkonferenz der Ruhrkohle AG stellt der Vorsitzende des Vorstandes, Dr. Heinz Horn, heraus, daß
der Steinkohlenbergbau weiterhin Kernbereich der Tätigkeit bleibe. Die Aktivitäten außerhalb des
Bergbaubereichs haben nun einen Anteil von 36% des Konzernumsatzes von 24 Mrd DM erreicht (ohne
Einbeziehung der Sophia Jacoba GmbH und der Gewerkschaft Auguste Victoria).
Das Bergwerk General Blumenthal meldet verbesserte betriebliche Kennwerte. Die verwertbare
Tagesförderung nähert sich wieder der 10.000 t-Marke. Das buchmäßige Betriebsergebnis liegt nur noch leicht
im Minus.
Für die Ausrichtung des Baufeldes B 1 Süd liegt nun das komplette Konzept vor. Danach soll der Schacht
General Blumenthal 6 zwar langfristig bis zur 13. Sohle (-1.300 m) niedergebracht werden, im Rahmen der
vorliegenden Planung aber sollen zunächst die 9. Sohle (-900 m) und die 11. Sohle (- 1.150 m) an das
Grubengebäude angeschlossen werden. Beim späteren Tieferteufen sind dann auch die Anschläge auf der 10.
Sohle (-1.050 m) für Flöz Hugo (endgültiger Ausbau) und auf der 13. Sohle für die Flöze Röttgersbank, Wilhelm
und Johann vorgesehen. Als Vorbereitung für das weitere Teufen des Schachtes 6 wird der Sumpf unterhalb
der 11. Sohle 60 m tief sein, so daß die zunächst geplanten Arbeiten bei einer bei einer Teufe des Schachtes 6
im Niveau von -1.210 m abschließen werden.
Die Teufarbeiten ab der 11. Sohle werden wahrscheinlich nach dem Jahr 2000 aufgenommen werden. Der bis
zur 11. Sohle tiefergeteufte Schacht 6 wird künftig folgende Aufgaben haben:
– Frischwetterzufuhr und Seilfahrt,
– Materialförderung mit vorgeschaltetem und in 1992 umzubauenden Materialplatz mit
neuer Sortieranlage,
– Energieversorgung für das Baufeld B 1 Süd und
– Aufnahme von Ver- und Entsorgungsleitungen für Druckluft, Frischwasser, Klimatisierung,
Gasabsaugung, Abwasser, Baustoffe und Inertisierung.
Neben dem Tieferteufen des Schachtes General Blumenthal 6 sieht die Planung den nachstehenden Aufschluß
des neuen Baufeldes vor:
– Von der 9.Sohle im 5.Querschlag aus (Frischwetterseite):
• Verlängerung des Hauptförderberges von der 7.bis zur 9.Sohle,
• Gesteinsberg nach Flöz Hugo,
• Richtstrecke in Flöz Hugo,
• Flözberg in Flöz Hugo West und
• Füllort 10.Sohle Schacht 6.
– Von Schacht 3 aus (Abwetterseite):
• Sanieren der 8.Sohle im 7.Querschlag,
• Gesteinsberg bis Flöz Hugo,
• Flözberg Hugo Mitte und
• Richtstrecke in Flöz Hugo.
Etwa Mitte Januar nimmt man im Baufeld Haltern die mittlere
Seilfahrtsanlage im Blindschacht 322, der im 2. Querschlag die
2. mit der 3. Sohle verbindet, in Betrieb. Der Blindschacht dient
der Kohlenförderung (über eine Wendel) sowie dem
Materialtransport und der Seilfahrt.
In einer Zeit, in der in anderen Industriezweigen die Stellen für
Auszubildende knapp werden, wirbt die Ruhrkohle AG um
Nachwuchs. Die RAG inseriert am 26. Januar in der
Recklinghäuser Zeitung und in der WAZ und bietet auf den
Bergwerken General Blumenthal, Schlägel & Eisen und Haard
Ausbildungsplätze in den Fachrichtungen
– Bergmechaniker,
– Berg- und Maschinenmann,
– Industriemechaniker
und
– Energieelektroniker
an.
Zum 01. Februar werden die Löhne und Gehälter um 4,9%
angehoben.
Seit März laufen auf der 3. Sohle im Baufeld Haltern zwei neue
Batterie-Lokomotiven der Schweizer Firma SIG.
Die Loks der Type B 20 LX sind mit einem Steuerwagen
ausgerüstet und haben eine Leistung von 88 kW bei einem
Dienstgewicht von 22 t.
Vom Berichtsjahr an setzt man zur Auffahrung von Flözstrecken verstärkt Teilschnittmaschinen ein. Allerdings
sind es ausnahmslos Unternehmer, die diese Maschinen betreiben. Im Feld C III Nord läuft so zur Auffahrung
der Strecken in Flöz Sonnenschein unter der Regie der Unternehmerfirma GTG/GKG bis Anfang 1995 ständig
eine Teilschnittmaschine vom Typ WAV 300 (Westfalia Lünen) mit recht guten Auffahrergebnissen.
In den Füllörtern der 1., 2. und 3. Sohle des Schachtes Haltern 1 betreibt man seit Ende Mai ein
schlagwettergeschütztes Schub-, Zug- und Gleislosfahrzeug der Firma Paus mit batteriegespeistem
Elektroantrieb zur Bedienung des Schachtes und der Bewegung von gleisgebundenen Wagen im
Füllortbereich.
Mitte des Jahres beginnt man im Baufeld Haltern mit dem
"Plempen" von Baustoff von über Tage aus bis in den
Ortsbereich bei Entfernungen bis zu 6 km.
Im Oktober werden die ersten "Sonderbetriebspläne für die
Einwirkungen des Abbaus auf das Oberflächeneigentum" im
Baufeld B 1 Nord eingereicht. Hier betrifft es den Abbau in je
zwei Betriebspunkten in den Flözen Wasserfall und Johann. Die
Sonderbetriebspläne sind wegen des sog.
"Moers-Kapellen-Urteils" erforderlich, das im Jahre 1989 erging.
Danach mußten erstmals unter bestimmten Bedingungen
Privateigentümer am Betriebsplan beteiligt werden.
Gegen Jahresende beginnt man im Baufeld Blumenthal Nord auf
der 7. Sohle aus dem 5. Querschlag nach Norden heraus mit der Auffahrung eines Gesteinsberges nach Flöz
Johann, um das Flöz westlich des 5. Querschlages aufzuschließen.
Ein schwerer Unfall ereignet sich am 05. November auf der 3. Sohle des Baufeldes Haltern in der
Verbindungsstrecke zum Bergwerk Auguste Victoria. Bei der Personenbeförderung reißt die Naht eines
Gurtbandes. Dabei wird 1 Bergmann schwer verletzt, 9 Bergleute kommen mit leichteren Verletzungen davon.
Das ruft natürlich die Parlamentarische Kommission auf den Plan.
Der Tagesbetrieb beginnt im Berichtsjahr mit der routienemäßigen Überholung der Fördermotoren, der
Steuerung, Regelung und der Stromversorgung der Fördermaschinen Schacht 11. Die Arbeiten werden sich
bis 1995 hinziehen.
Die Kaue an Schacht 7 wird geschlossen. Der Schacht hat nun nur noch die Funktion des
Ausziehschachtes.Die medizinische Abteilung meldet den Ausfall der gesamten Röntgenanlage. Die
erforderliche Neuanlage kostet rund 100.000,-DM.
Eine Kälteperiode gegen Ende des Jahres bewirkt erhebliche Frostschäden in der Aufbereitung. Fast eine
Woche lang ruht der Betrieb.
Ein Wechsel ergibt sich Ende Mai in der Ausbildungsabteilung. Der bisherige Ausbildungsleiter Michael von
Bronk verläßt das Bergwerk und geht zur VEAG nach Berlin. Die Leitung der Ausbildungsabteilung liegt nun ab
Juni in den Händen von Dipl.-Ing. Peter Bölling, der sein bisheriges Aufgabengebiet als Umweltingenieur an
Dipl.-Ing. Thomas Kolmhuber weitergibt.
Am 30. Juni geht Tagesbetriebsführer Dipl.-Ing. Kurt Heikamp in den Ruhestand. Leiter des Tagesbetriebes ist
nun Dipl.-Ing. Michael Kaptur.
Zum gleichen Zeitpunkt wechselt Maschinen-Betriebsführer Klemens Frohleiks ins Privatleben. Er übergibt die
Leitung der Maschinenabteilung unter Tage an Maschinen-Betriebsführer Dieter Mücher.
Am 31. Juli geht Elektro-Betriebsführer Günter Gleißl in den Ruhestand. Leiter der Elektroabteilung unter Tage
wird Elektro-Obersteiger Josef Finger, der zum 01. September seine Beförderung zum Elektro-Betriebsführer
erhält.
Am 01. August wird Elektro-Fahrsteiger über Tage Gerd-Michael Sontag zum Elektro-Obersteiger über Tage
befördert.
Zum gleichen Zeitpunkt wird auch Maschinen-Fahrsteiger über Tage Hans-Günther Hennemann zum
Maschinen-Obersteiger über Tage befördert. Er ist stellvertretender Leiter des Tagesbetriebes.
Am 30. September beendet auch der Leiter der Sicherheitsabteilung Obersteiger Hubert Krefft seine aktive
Laufbahn und übergibt die Leitung der Abteilung an Fahrsteiger Jörgen Breitenstein.
Betriebsführer Wolfgang Brandt übergibt die Leitung der Abteilung Grubenbetrieb Logistik an Obersteiger
Thomas Deimel und wechselt zum Grubenbetrieb Abbau.